Streitfall FFP2-Rabatte
In einem Streitfall um FFP2-Rabatte geht es um einen vermeintlichen Wettbewerbsverstoß. Liegt ein Wettbewerbsverstoß durch Werbung von Apothekern mit Verzicht auf Eigenbeteiligung von 2,00 Euro bei Abgabe der FFP2-Masken an Verbraucher auf Grundlage der Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung (SchutzmV) vor?
Das Bundesministerium für Gesundheit hat in Folge der Corona-Pandemie zahlreiche Sonderregelungen erlassen, unter anderem die Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung (SchutzmV). Diese Verordnung beschäftigt nun die Gerichte.
Die SchutzmV sieht vor, dass Patientengruppen, die einem gesteigerten Erkrankungsrisiko ausgesetzt sind und damit eines besonderen Schutzes bedürfen, in den Zeiträumen vom 01.01.2021 bis 28.02.2021 sowie 16.02.2021 bis zum Ablauf des 15.04.2021 jeweils Anspruch darauf haben, dass ihnen einmalig 6 Schutzmasken zur Verfügung gestellt werden. Hierzu erhalten die anspruchsberechtigten Personen Berechtigungsscheine. Die Verordnung sieht weiter vor, dass jede anspruchsberechtigte Person bei der Abgabe von Schutzmasken an die abgebende Apotheke eine Eigenbeteiligung in Höhe von 2,00 Euro je Abgabe von 6 Schutzmasken zu leisten hat, § 6 Satz 1 SchutzmV.
Einige Apotheker werben damit, auf die Eigenbeteiligung zu verzichten bzw. weitere Masken kostenlos zuzugeben. Der Verband Sozialer Wettbewerb e.V. hat wegen solcher Werbemaßnahmen abgemahnt.
Die mit entsprechenden Eilverfahren befassten Landgerichte Düsseldorf, Dortmund und Osnabrück halten das Werbeverhalten insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Verzichts auf die Eigenbeteiligung für wettbewerbswidrig und haben einstweilige Verfügungen gegen die Werbenden erlassen.
Zum Hintergrund:
Bei den FFP2-Masken handelt es sich nicht um Artikel, die der Arzneimittelpreisbindung unterfallen. Es liegen keine Medizinprodukte oder Hilfsmittel vor. FFP2-Masken stellen lediglich sogenannte persönliche Schutzausrüstungen dar. Sie unterfallen damit nicht dem Heilmittelwerbegesetz. Infolgedessen können die Preise frei vom Verkäufer bestimmt sowie Zugaben oder Rabattierungen gewährt werden. Selbst wenn man einmal Masken im Einzelfall als Medizinprodukt qualifizieren würde, wäre die kostenlose Draufgabe möglich, nachdem Mengen- und Naturalrabatte gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2b HWG zulässig sind.
Nach der Argumentation des Abmahnenden handelt es sich bei der Regelung zur Zahlung der Eigenbeteiligung um eine sog. Marktverhaltensregelung. Mit dem Verzicht auf deren Einziehung verhielten sich die Apotheker unlauter im Sinne des § 3a UWG.
Diese Argumentation können gewichtige Gründe entgegengehalten werden.
So kann der Begründung für die SchutzmV (entsprechend des Referentenentwurfs der Verordnung) keine Intention des Verordnungsgebers zur Marktregulierung entnommen werden. Dort ist vermerkt:
„Die Eigenbeteiligung soll zur verantwortungsvollen Inanspruchnahme der Berechtigung zum Bezug von Schutzmasken beitragen.“
Weiter ist dem Referentenentwurf unter lit. A. zu entnehmen, dass die Verordnung eine Zuzahlung vorsehen kann. Will man der Eigenbeteiligung aber eine marktregulierende Steuerungsfunktion beimessen, bestünde keinerlei Spielraum dafür, ob eine Eigenbeteiligung / Zuzahlung vorzusehen ist. Von dem angeblich bezweckten Schutz konkurrierender Unternehmen, wie ihn der Abmahnende und die Gerichte unterstellen, ist im Referentenentwurf keine Rede.
Auch eine Argumentation, dass eine Verknappung der Masken drohe bzw. Masken ein „rares Gut“ seien, kann nicht durchgreifen. Derzeit stehen für den deutschen Markt FFP2-Masken in ausreichender Menge zur Verfügung.
Im Weiteren ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu Hilfsmittelzuzahlungen (Urt. v. 01.12.2016 – I ZR 143/15) zu beachten. Zwar handelt es sich bei der in § 6 S. 1 SchutzmV normierten Eigenbeteiligung von 2,00 Euro nicht um eine echte Zuzahlung. Gleichwohl sind die Grundsätze dieser Rechtsprechung aufgrund der bestehenden Vergleichbarkeit auf die Eigenbeteiligung nach § 6 SchutzmV anzuwenden. Zur gesetzlich vorgesehenen Hilfsmittelzuzahlung ist entschieden worden, dass keine Verpflichtung des Apothekers zur Einziehung besteht. Im Weiteren, so der BGH, bezwecken die entsprechenden Normen
„… nicht die Schaffung gleichwertiger Wettbewerbsbedingungen, um Interesse der übrigen Marktteilnehmer den Wettbewerb zu regeln.“ Es liegt also gerade keine Marktverhaltensregelung vor.
Die Entscheidungen der Landgerichte sind derzeit noch nicht rechtskräftig. Es bleibt abzuwarten, ob die einstweiligen Verfügungen Bestand haben werden. Einstweilen sind entsprechende Werbemaßnahmen mit dem Risiko einer Abmahnung behaftet.