Streichung des eingesetzten Alleinerben im Testament

Im zu entscheidenden Fall hat eine verwitwete und kinderlose Erblasserin ein handschriftliches Testament errichtet und einen gemeinnützigen Verein als Alleinerben eingesetzt. Das privatschriftliche Testament verwahrte die Erblasserin zu Haus.

Später wurde die Erbeinsetzung auf der Testamentsurkunde durchgestrichen und unmittelbar darunter die Worte „Wird noch genannt 1.12.06“ handschriftlich eingefügt. Zu einer Benennung eines Erben ist es nicht mehr gekommen.

Die nächste Verwandte, die Schwester der Erblasserin, beantragte die Erteilung eines Erbscheins, der sie nach gesetzlicher Erbfolge als alleinige Erbin ausweist. Der Verein ist dem Erbscheinsantrag entgegengetreten. Die ursprüngliche Erbeinsetzung sei – so die Argumentation des Vereins – noch gültig geblieben, weil die Änderung des Testaments am 1.12.2006 nicht unterzeichnet wurde und die Ortsangabe fehlt.

Das zuständige Amtsgericht hat den Erbschein zugunsten der Schwester (der gesetzlichen Erbin) erteilt. Da die Erblasserin eine  testamentarische Erbeinsetzung nicht mehr vorgenommen hat, ist die gesetzliche Erbfolge eingetreten.

OLG Stuttgart, AZ: 8 W 104/19, Beschluss vom 25.03.2020

 

Erbeinsetzung durch letztwillige Verfügung:

Der Erblasser kann durch ein Testament den Erben bestimmen. Streicht der Erblasser in seinem handschriftlichen Testament den Alleinerben durch und vermerkt zusätzlich, dass dieser noch benannt wird, tritt die gesetzliche Erbfolge ein, wenn es nicht mehr zu einer Benennung eines Erben kommt.

 

Errichtung eines Testaments:

Ein Testament kann durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichtet werden. In der Erklärung soll angegeben werden, zu welcher Zeit (Tag, Monat und Jahr) und an welchem Ort die Erklärung niedergeschrieben wurde, wobei das Testament auch beim Fehlen von Angaben zu Ort und Zeit grundsätzlich gültig ist.

 

Ergänzungen und Streichungen:

Der Erblasser kann nach Errichtung seines Testaments jederzeit eigenhändig Ergänzungen (auch in Form von Streichungen) vornehmen. Zusätze und Nachträge bedürfen der Form des § 2247 BGB, so dass auch die Ergänzung vom Erblasser eigenhändig geschrieben und gesondert unterschrieben sein muss. Einer gesonderten Unterschrift bedarf es nicht, wenn sich die Ergänzung in der Testamentsurkunde in den Gesamttext einfügt und zur Zeit des Erbfalls durch die unterhalb des Textes stehende Unterschrift nach dem Willen des Erblassers gedeckt ist.

Bloße Streichungen bedürfen als solche keiner gesonderten Unterschrift, wenn es sich auf den Widerruf des Gestrichenen beschränkt. Die Testamentsform (eigenhändig und unterschrieben) ist aber erforderlich, wenn die Streichung nicht nur das Gestrichene widerruft, sondern eine Verfügung des Erblassers enthält.

Die Erblasserin hat die Erbeinsetzung des Vereins gestrichen und angekündigt, einen neuen Erben zu benennen, wozu es nicht mehr gekommen ist. Im vorliegenden Fall handelt es sich um den bloßen Widerruf des Gestrichenen, nämlich der Erbeinsetzung des Vereins, unabhängig von der Ankündigung, einen neuen Erben zu benennen. Eine positive Verfügung ist damit nicht getroffen worden, so dass die bloße Streichung nicht formbedürftig ist.

 

Widerruf eines privatschriftlichen Einzeltestaments:

Im vorliegenden Fall hat die Erblasserin die ursprünglich von ihr vorgenommene Erbeinsetzung zugunsten des Vereins durch nachträgliche Änderung des Testaments wirksam widerrufen.

Ein Erblasser kann seinen letzten Willen nicht nur durch Ergänzung, Streichung bzw. Veränderung der Testamentsurkunde widerrufen, sondern auch durch Vernichtung der Testamentsurkunde, durch ein Widerrufstestament oder ein später errichtetes widersprechendes Testament.