Änderungsvorbehalt im gemeinschaftlichen Testament

Im zu entscheidenden Fall haben Ehegatten im Oktober 1994 ein gemeinschaftliches Testament errichtet. Sie haben sich wechselseitig zu Alleinerben berufen und ihre beiden Kinder zu gleichen Teilen als Schlusserben eingesetzt.

Ferner wurde im Testament folgendes festgehalten:

„Sämtliche in diesem Testament niedergelegten Verfügungen sind wechselbezüglich. Sie können daher nur gemeinschaftlich geändert oder durch Widerruf beseitigt werden. Nach dem Tode eines Teils von uns, soll der überlebende Teil aber berechtigt sein, seine Verfügungen abzuändern, jedoch nur in Bezug auf die Verteilung des Vermögens unter unseren gemeinschaftlichen Kindern und deren Abkömmlingen.“

Nach dem Tod des Ehemannes hat die Ehefrau ein formwirksames handschriftliches Testament errichtet und bestimmt, dass ihr Land an das eine Kind gehen und die andere Tochter nichts erhalten solle.

Das Gericht legte das gemeinschaftliche Testament so aus, dass die eingeräumte Abänderungsbefugnis auch die Berufung eines Kindes zum Alleinerben umfasst. Denn strenggenommen – so das Gericht – ist es eine Verteilung des Vermögens unter den Kindern auch, wenn ein Abkömmling das gesamte Erbe erhält und der andere nichts.

OLG Frankfurt a.M., AZ: 21 W 165/19, Beschluss vom 18.05.2020

Was ist ein gemeinschaftliches Testament?

Ein gemeinschaftliches Testament ist ein Testament, welches von Ehegatten gemeinsam errichtet wird. Zur Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments genügt es, wenn einer der Ehegatten das Testament eigenhändig handschriftlich verfasst und unterschreibt und der andere Ehegatte die gemeinschaftliche Erklärung eigenhändig mitunterzeichnet. Ehegatten gleich gestellt sind eingetragene Lebenspartner. In einem gemeinschaftlichen Testament können die Ehegatten alle zulässigen letztwilligen Verfügungen treffen. Häufig setzen sich die Eheleute gegenseitig (wechselbezüglich) zu Erben und die Kinder als Schlusserben ein.

Bindungswirkung:

Haben die Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament wechselbezügliche Verfügungen getroffen, entsteht hierdurch bereits eine sehr starke Bindung. Das bedeutet u. a., dass nach dem Tode eines Ehegatten der überlebende Ehegatte nicht mehr anderweitig wirksam von Todes wegen verfügen kann (mit Ausnahme Teilungsanordnungen). Denn das Recht zum Widerruf erlischt mit dem Tode des anderen Ehegatten.

Ausnahme Abänderungsbefugnis/Änderungsvorbehalt: 

Es bleibt den Ehegatten unbenommen, einen sogenannten Änderungsvorbehalt aufzunehmen, wonach der überlebende Ehepartner nach dem Eintritt des ersten Erbfalls berechtigt sein soll, die im gemeinschaftlichen Testament vorgesehene Schlusserbeneinsetzung aufzuheben oder abzuändern. In diesem Fall kann die Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments für den überlebenden Ehepartner entfallen. Der überlebende Ehepartner ist frei, seine Erbfolge vollkommen neu zu regeln. Er kann in diesem Fall insbesondere die als Schlusserben vorgesehenen Kinder von der Erbfolge ausschließen.